12. bis 15. März 2009

Der Zauber der Wiederholung

STEVE REICH und Gamelan Musik aus Bali

Bei der Salzburg Biennale 2009, dem Festival für Neue Musik in der Mozartstadt, trifft der US-Amerikaner Steve Reich auf balinesische Gamelanmusik.

Donnerstag, 12. März 2009
TANZ I - 19.30 Uhr
Fase - Four Movements to the Music of Steve Reich
Kooperation mit der Szene Salzburg
ROSAS
Anne Teresa De Keersmaeker, Choreographie
Eine der bedeutendsten Choreographinnen der Gegenwart begibt sich in die suggestive und unverkennbare Welt von Steve Reichs Musik. 25 Jahre Musik aus Feuer und Eis liegen dieser Performance zugrunde. Tanz als Übersetzung großer Musik in Bewegung, in Theater der Körper. Anne Teresa De Keersmaeker: „Was ich tatsächlich tue, ist das Publikum die Schönheit, die Freude und das Vergnügen der Musik durch den Tanz spüren lassen.“

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Video: Piano phase
Freitag, 13. März 2009
TANZ II - 19.30 Uhr
Fase - Four Movements to the Music of Steve Reich
Kooperation mit der Szene Salzburg
ROSAS
Anne Teresa De Keersmaeker, Choreographie

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KONZERT I - 19.30 Uhr
Steve Reich | Different Trains
György Ligeti | Continuum
György Ligeti | Monument - Selbstportrait – Bewegung für zwei Klaviere
Steve Reich | Sextet for percussion and keyboards
Österreichisches Ensemble für Neue Musik
stadler quartett
Miki Skuta, Klavier
Nora Skuta, Klavier
Florian Birsak, Cembalo
Der Zauber der Wiederholung ist so alt wie die Musik. Der Tanz der Schlange vor der Flöte des Beschwörers wirkt fort durch die Zeiten. Steve Reich mag für die archaische Kraft der amerikanischen Minimal Music stehen, György Ligeti für einen europäischen Zugang zur Neuen Musik, der erfrischend anders ist als die Strenge der Schulen. Was beide Meister der Moderne eint, ist die Lust am Musizieren auf höchstem Niveau und der Glaube an die immerwährende Magie der Musik.

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Samstag, 14. März 2009
KONZERT II - 19.30 Uhr
Steve Reich | Drumming
Ictus Ensemble
Synergy Vocals
Steve Reichs Stück Drumming aus dem Jahr 1971 ist von perkussiven Mustern beeinflusst, die der Komponist bei einer Studienreise nach Ghana 1970 direkt von Gideon Alorwoye, einem Großmeister des Ewe-Stammes, lernte. Die tradierten Rhythmen werden von den Ewe-Musikern nicht nur anhand einer Assoziation mit sinnlosen Silbenreihen gelernt, was an westliche Techniken erinnert, sondern haben auch eine "wörtliche" Bedeutung. Afrikanisches wird bei Reich nicht zum exotischen Kolorit, sondern zur Quelle eigener Inspiration.

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KONZERT III - 21.15 Uhr
Gamelanmusik aus Bali
Traditioneller balinesischer Tanz
Programm I
Ensemble Taruna Mekar aus Bali
Madé Arnawa, Leitung
Der Klang der tönenden Bronze. Metallophone aus Bronze bilden den Hauptteil des balinesischen Gamelan-Orchesters. Gamelan auf Bali zeichnet sich durch rasante Tempi und jähe Tempowechsel aus. Mit ungeheurer Dynamik, fesselnder und vielschichtiger Rhythmik sowie großer Virtuosität entsteht unverwechselbarer Klangzauber. Gamelan bedeutet Klang, Orchester, ursprünglich aber "etwas mit den Händen tun". Untrennbar dazu gehört der kultische Tanz, mit dem die Götter geehrt werden.

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Ensemble Taruna Mekar
Sonntag, 15. März 2009
KONZERT IV - 11.00 Uhr
Steve Reich | Clapping Music
(Mitwirkung Steve Reich)
Steve Reich | City Life for amplified ensemble
György Ligeti | Kammerkonzert für 13 Instrumentalisten
Steve Reich | Music for 18 Musicians
Österreichisches Ensemble für Neue Musik
Via Nova Percussion Group
Synergy Vocals
Johannes Kalitzke, Leitung
Bahnbrechende Meisterwerke moderner Ensemblemusik. Das pulsierende Stadtleben des Steve Reich gewinnt aus der elektronischen Verstärkung neue Tonwelten. Mit den Händen und dem Körper machen zwei Musiker bei Reichs "Clapping" Musik - und der Komponist, gelernter Schlagzeuger, wird einer der beiden sein. Instrumente und Frauenstimmen ergeben in "Music for 18 musicians" den Herzschlag des Lebens. Dazu kommt das "kontrapunktisch konzipierte Spiel freier Geister" des wesensverwandten György Ligeti.

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KONZERT V - 19.30 Uhr
Gamelanmusik aus Bali
Traditioneller balinesischer Tanz
Programm II
Ensemble Taruna Mekar aus Bali
Madé Arnawa, Leitung
siehe Konzert III

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Ensemble Taruna Mekar

„Musik als allmählicher Prozess“

Ein Wochenende mit dem Komponisten Steve Reich:
Minimal Music und balinesische Gamelan-Musik

Als Steve Reich um 1960 Musik studierte, galt in den Kreisen der Avantgarde und der Mehrzahl der führenden Kompositionslehrer jegliche Abweichung von der seriellen Norm, jegliche Hinwendung zur Tonalität als Sünde wider den Geist der Neuen Musik. Abgesehen davon, dass diese Doktrin in den USA nie so ausschließlich verfochten wurde wie in Europa, abgesehen auch davon, dass sich unter Reichs Lehrern ein querständiger Komponist wie Darius Milhaud befand, blieb der junge Mann dem treu, was für ihn der musikalische Pulsschlag war – eben der Tonalität, dem Rhythmus des Jazz und der Klangwelt des frühen Strawinsky. Reichs großes Kunststück aber war es, aus diesen Quellen eine unverwechselbar eigentümliche und gleichfalls „Neue Musik“ zu entwickeln, ohne sich dabei an den Geschmack der Massen anzubiedern, was größte Breitenwirkung nicht ausschließt. Der Begriff „Minimal Music“ (erst in den späten 70er-Jahren von Michael Nyman geprägt) trifft Reichs Musik nur unzureichend. Denn Reich ignorierte die Errungenschaften der Schönberg-Schule nicht, er integrierte sie in einen Kosmos, der die Tradition Amerikas, besonders des Jazz, ebenso enthält wie die Berufung auf tonale Zentren und die Besinnung auf den großen Zauber der Wiederholung, welcher der Musik nach 1945 meist völlig abhanden gekommen ist. „Music as a gradual process“, Musik als allmähliches, stetig und gleichsam natürlich fortschreitendes Klangereignis, dies ist Reichs Credo, nicht die punktuelle Verknappung Weberns und seiner Nachfolger. Von ganz besonderer Bedeutung für Steve Reichs Entwicklung zur Eigenständigkeit, die ihn sehr stark von seinen mehr oder weniger minimalistischen Kollegen Glass, Riley, Adams, Nyman und anderen unterscheidet, sind die Beschäftigung mit afrikanischer und balinesischer Musik sowie das Studium biblischer hebräischer Gesänge. So ergeben bei Reich klassische westliche Traditionen, östliche Kunst- und Volksmusik und Jazz eine ebenso überraschende wie erfolgreiche Synthese. Die intensive Anverwandlung der Gamelanmusik Balis führte zu einem völlig neuartigen polyrhythmischen Kontrapunkt. Gamelan ist es auch, was sich Reich als wahlverwandte Musik für die Präsentation seiner Werke in Salzburg wünscht. So treffen an diesem Wochenende internationale Ensembles der Neuen Musik mit traditionellen Musikern aus Bali zusammen. Im Programm vertreten sind auch Werke von György Ligeti, der ähnlich, aber doch anders als Steve Reich der Vereinnahmung durch die serielle Schule widerstanden und sich ebenfalls mit fernöstlicher Musik auseinandergesetzt hat.

Steve Reich

Bild: Jeffrey Herman

Steve Reich, Jahrgang 1936, wuchs als Sohn aus Deutschland vertriebener jüdischer Eltern in New York auf, studierte zunächst Philosophie und dann Komposition, unter anderem bei Luciano Berio und Milhaud. Nicht nur in New York, sondern auch in Ghana, wo er das afrikanische Trommeln lernte, in Kalifornien, wo es spezielle Gamelan-Lehrgänge gibt, und in Jerusalem, wo er hebräische Musik studierte, fand seine musikalische Sozialisation statt. 1966 gründete er sein eigenes Ensemble, mit dem er seit 1971 erfolgreich die Musikwelt bereist. Mit dem 1988 entstandenen Stück „Different Trains“ begann eine neue Technik der Komposition in Reichs Schaffen, bei der das Material aus Sprachaufnahmen gewonnen wird. Reich ist ein Pionier des Video-Musiktheaters („The Cave“) und hat über die Jahre hinweg Auftragswerke für Festivals, Ensembles und Orchester zwischen den Wiener Festwochen, den großen amerikanischen Symphonieorchestern und dem Kronos Quartett geschrieben. Dirigenten und Interpreten von Rang und Namen führen auf der ganzen Welt Reichs Werke auf, viele seiner Stücke wurden choreographiert. Steve Reich ist seit 1994 Mitglied der American Academy, seit 1999 der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, war 2000 „Composer of the Year“ von Musical America, erhielt 2006 den Praemium Imperiale („Nobelpreis der Künste“) und 2007 den Polar-Musikpreis in Stockholm.

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